Ganzheitliche Zahnmedizin

Über die Zähne hinaus


Besonderheiten der ganzheitlichen Zahnmedizin

Von Hippokrates (ca. 460-370 v. Chr.) stammt der Ausspruch „Medicus curat, natura sanat“ – der Arzt behandelt, die Natur heilt.
Ein wesentliches Prinzip naturheilkundlicher Therapien sowie der ganzheitlichen Zahnmedizin besteht darin, die Natur des Menschen günstig zu beeinflussen: Dies kann geschehen, indem Reize gesetzt werden, die selbstregulierende Prozesse im menschlichen Organismus auslösen. Somit wird im Gegensatz zur konventionellen Medizin der kranke Organismus zur Mitarbeit aktiviert. Naturheilkundeverfahren wenden also stimulierende Therapieverfahren an.
Die konventionelle Medizin eliminiert, substituiert und dirigiert, indem sie Krankhaftes aus dem Organismus entfernt, das dem Körper Fehlende ersetzt oder falsche Prozesse und gestörte Funktionen mit zahlreichen Medikamenten korrigiert. Sie führt dem Patienten in aller Regel Gesundheit von außen zu und setzt Prozesse ohne die eigentliche Mitarbeit des kranken Organismus in Gang.
Ärztliches Tun (in der ganzheitlichen Zahnmedizin) muss sich an der Zielstrebigkeit des Organismus sich zu erhalten orientieren. Diese naturgegebene Zweckorientierung in der Heilkunst bedarf jedoch der Wissenschaft, um die Bedingungen der Gesundheit durch Erforschen von Krankheitsursachen überhaupt verstehen zu können (Heine, 1997).
Der Körper ist ein hochkompliziertes System, in dem die unterschiedlichsten Strukturen miteinander vernetzt sind. Im Idealfall besteht ein biologisches Fließgleichgewicht, in dem alle Strukturen harmonisch zusammenarbeiten und durch übergeordnete Steuerungsmechanismen kontrolliert und beeinflusst werden.
Ein Erklärungsmodell, das diesem energetisch offenen System gerecht wird und auf das sich viele Naturheilverfahren beziehen, ist das System der Grundregulation nach Pischinger.

Grundregulation nach Pischinger

Das von Pischinger begründete und von Heine weiterentwickelte System der Grundregulation (Pischinger, 1975) basiert auf einem anderen Denkansatz als das auf der Zellularpathologie nach Virchow beruhende, wissenschaftlich gültige, konventionell-medizinische System, das die Zelle als fundamentale Funktionseinheit des Organismus sieht. Ein Krankheitsgeschehen wird hiernach vorwiegend als Ausdruck einer gestörten Zellfunktion verstanden.
Nach Pischinger und Heine ist nicht die Zelle, sondern das System der Grundregulation das anatomische Substrat aller biologischen Vorgänge und somit auch Ausgangs- und Ansatzort für Krankheit und Therapie. Dazu gehören die Interzellularsubstanz mit den undifferenzierten Zellen des Bindegewebes, die extrazelluläre Gewebsflüssigkeit, die Kapillaren (Haargefäße) und das vegetative Nervenfasergeflecht.

Nach der Grundregulation nach Pischinger erhält dieses Grundsystem die Homöostase, d.h. das Gleichgewicht der physiologischen Körperfunktionen, und bildet das übergeordnete Ordnungsprinzip im Streben des Organismus nach Selbsterhaltung.
Alle biologischen Grundfunktionen des Lebens, die mit der Abwehr oder dem Ausgleich von Ungleichgewichten zusammenhängen, werden hier reguliert. Jeder Reiz und jedes Stoffwechselgeschehen zwischen den Organzellen verläuft über das Grundsystem, jede Reaktion des Nerven-, Gefäß-, Hormon- oder Immunsystems hängt von seiner Übertragungsfunktion ab.
Somit ist jegliche Reaktion auf einen physiologischen oder pathologischen Reiz an die Funktion des Grundsystems gebunden.
Die Grunderkenntnis - nach der Grundregulation nach Pischinger - ist, dass ein gesunder Mensch gut reguliert. Oder umgekehrt: Wer gut reguliert, kann nicht chronisch krank sein, denn chronische Störungen treten immer dann auf, wenn Dauerbelastungen das Reiz-Reaktions-Verhalten der Grundregulation so stark belastet haben, dass es zunächst zur Erschöpfung, dann zur totalen Erschöpfung und schließlich zur Auflösung (sog. Gewebsdesintegrationen) gekommen ist, die nicht mehr ausgeglichen werden kann (Heine, 1997). Demgegenüber werden akute Krankheiten als kräftige Abwehrphasen auf dem Boden einer guten Regulationsfähigkeit verstanden.

Das Wesen chronischer Krankheiten

Chronische Krankheiten sind individuell geprägte sekundäre Folgen von Regulationsstörungen, die nur auf dem Terrain einer primären Regulationsstörung wachsen können - so die Grundregulation nach Pischinger.
Nicht die Krankheit ist es, welche die Regulationsfähigkeit beeinträchtigt, sondern umgekehrt: Erst auf dem Boden einer gestörten Regulationsfähigkeit baut sich die Krankheit auf.
Vielfältige Noxen und Schädigungen bedingen die primären Regulationsstörungen. Das humorale Geschehen, d.h. die Prozesse in den Körperflüssigkeiten, wird negativ beeinflusst und behindert. Zunächst besteht noch ein ausreichendes Kompensationsvermögen, das sich jedoch mit fortschreitender Belastung erschöpft. Jetzt werden Regulationsstörungen dokumentierbar. Sie können z.B. mit dem kinesiologischen Muskeltest nachgewiesen werden.
Von diesen Störungen wird der Patient zunächst kaum etwas spüren, denn erst wenn auf diesem Boden die ersten Funktionsstörungen entstanden sind, werden diese für ihn bemerkbar.
Objektivierbare Befunde im Sinne der konventionellen Medizin ergeben sich immer erst, wenn es zu manifesten Organerkrankungen ganz im Sinne der Virchow´schen Zellularpathologie gekommen ist. Hier erst setzt klinische Therapie an, damit ist der chronische Verlauf des Leidens jedoch nicht mehr aufzuhalten.
Ursachen für die Entstehung chronischer Krankheiten sind multikausale Geschehen. Genetische Belastungen, ernährungsbedingte Einflüsse, Krankheitserreger, immunologische Vorgänge, allergische Geschehen, Umwelteinflüsse, psychosomatische Faktoren und iatrogene (d.h. durch die ärztliche Behandlung verursachte) Schäden, Giftstoffe, die der Körper selbst bildet oder von außen aufnimmt, chronische Belastungen der Abwehrkräfte des Organismus durch ein oder mehrere Störfelder oder anhaltende psychische Belastungen stören das Grundsystem und seine Fähigkeit, die einzelnen Zellen zu versorgen. Altersbedingt und/oder durch falsche Lebensführung wird die Grundsubstanz zunehmend zu einer Deponie von exogenem und endogenem Stoffwechselmüll (Heine, 1997).
Erschwerend für die Klärung dieser durch vielfältige Ursachen bedingten Krankheitsentstehung kommt hinzu, dass die schädigenden Reize nicht immer dasselbe Bild produzieren: Es können sich ganz unterschiedliche Krankheiten ausprägen. Je nach individueller Veranlagung des Patienten (Disposition) können sie zu einer degenerativen, d.h. mit einem Abbau verbundenen, einer entzündlichen oder zu einer Krebserkrankung führen.

Regulationsstörungen & ganzheitliche Zahnmedizin

  • Gegenwärtig liegt der Anteil chronischer Krankheiten in den Industrienationen bei über 80 % aller Krankheitsbilder, mit weiter steigender Tendenz (Reiblich, 1995).
  • Der menschliche Organismus ist als ein autoregulatives, energetisch offenes System zu verstehen. Wer gut reguliert, kann nicht chronisch krank sein.
  • Chronische Krankheiten wachsen in der Tiefe heran, unsichtbar und unspürbar summieren sich die verschiedensten Belastungen des Grundsystems.
  • Chronische Krankheiten bauen sich auf dem Boden einer gestörten Regulationsfähigkeit auf.

Die Multikausalität kann anfangs noch aufgefangen und ausreguliert werden. Bei weiterer Zunahme führt sie jedoch zu Regulationsstörungen die bereits Jahre vor Ausbruch einer chronischen Krankheit oder der Entstehung von Tumoren in Form von Befindlichkeits- und Funktionsstörungen auftreten. Erst auf diesem gestörten Terrain entstehen dann manifeste Organerkrankungen, die erst jetzt quantitativ diagnostizierbar, also objektivierbar sind. Auch bei chronisch Kranken findet noch eine Regulation statt, aber dabei wird der chronische Zustand als normal definiert und auf ihn hin ausgeregelt. Das Verschieben dieses Gleichgewichtspunktes bewirkt zunächst eine dauerhafte Veränderung des Krankheitszustandes. Hört die Selbstregulation auf, stirbt der Mensch.
In der ganzheitlichen Zahnmedizin erlaubt die Regulationsdiagnostik – z.B. mit Hilfe der Kinesiologie – dem Zahnarzt ein frühzeitiges, unspezifisches Erfassen von Grundregulationsstörungen, mit der Möglichkeit der individuellen Anpassung geeigneter Therapieschritte (Heine, 1997). 

Konsequenzen für die ganzheitliche Zahnmedizin

„Das System der Grundregulation erlaubt Fehlregulationen schon im Beginn ihres Entstehens zu erkennen, so dass noch vor Auftreten von Gewebsveränderungen vorbeugende therapeutische Schritte unternommen werden können“,
Heine (1997)

Über die Diagnostik der Gesundheit / Krankheit des Zahnhalteapparates hat der Zahnarzt einen direkten Zugang zu diesem System, denn die Mundhöhle ist ein Spiegel von Gesundheit oder Krankheit (was früher Allgemeinwissen jedes Pferdehändlers war) und kann beispielsweise durch Kinesiologie beim Zahnarzt ausgetestet werden.
Die chronische Parodontitis wird als Risikoindikator ersten Ranges verstanden und muss als deutliches Frühsymptom im regulationsmedizinischen Verständnis von Krankheitsentstehung diagnostisch vom Zahnarzt gewertet werden, da sie Ausdruck einer massiven Regulationsstörung ist. Inzwischen weisen auch Studien auf die Wechselbeziehungen zwischen parodontaler und allgemeiner Gesundheit hin (Oral health in America, 2000).
Die Zufuhr von Vitalstoffen in Kombination mit lebensfähigen Symbionten im Rahmen der Orthomolekularen Medizin ist im Sinne einer integrativen ganzheitlichen Parodontitis-Therapie somit weit mehr als ein wirksamer Beitrag zur Sanierung des chronisch entzündeten Zahnhalteapparates.

Fachübergreifende Behandlung in der ganzheitlichen Zahnmedizin

Ziel der ganzheitlichen Zahnmedizin ist es, die Gesamtgesundheit unserer Patienten über die Mundgesundheit zu verbessern, denn Störungen an Zähnen und Kiefer können zu gesundheitlichen Belastungen in anderen Teilen des Körpers führen.
Weil der Ursprung chronischer Beschwerden möglicherweise auch im Mund zu finden ist, haben ganzheitlich tätige, zertifizierte Zahnärzte zusätzliches Wissen aus anderen medizinischen Bereichen, beispielsweise der biologischen Medizin (Naturheilverfahren) und der Orthopädie erworben. Dadurch wird gewährleistet, dass Therapien der modernen Schul-Zahn-Medizin mit biologischer Medizin kombiniert werden, um sicher helfen zu können.
Um ein Höchstmaß an Kompetenz zu bieten, arbeiten wir in einem Netzwerk mit Ärzten und Therapeuten aus anderen medizinischen Fachbereichen zusammen.