Orthomolekulare Medizin


Grundlagen

Linus Pauling (1901-1994), der Begründer der Orthomolekularen Medizin, hat seine Behandlungsmethode selbst einmal so definiert: „Orthomolekulare Medizin ist die Erhaltung guter Gesundheit und die Behandlung von Krankheiten durch Veränderung der Konzentration von Substanzen im menschlichen Körper, die normalerweise im Körper vorhanden und für die Gesundheit erforderlich sind.“

Der Begriff „Orthomolekulare Medizin“ lautet in der wortgetreuen Übersetzung die „Medizin der richtigen Moleküle“. Die Orthomolekulare Medizin beruht auf der Annahme, dass kein Mensch in einer perfekten Umwelt lebt. Niemand hat die für ihn lebensnotwendigen Nährstoffe – Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Fettsäuren, Aminosäuren, Enzyme usw. – in der richtigen Menge und im richtigen Verhältnis zueinander in seinem Organismus vereinigt.

Viele Zivilisations- und Stoffwechselkrankheiten entstehen durch einen Mangel oder ein Ungleichgewicht an Vitalstoffen im menschlichen Körper. Wir wissen heute, dass eine optimale Versorgung des Organismus die entscheidende Voraussetzung für ein gesundes Immunsystem ist. Ein Mangel an Vitalstoffen vermindert die Qualität der körpereigenen Abwehr (Schünke, Kuhlmann u. Lau, 1997).

Seit 1978 ist die Orthomolekulare Medizin als offizielles Heilverfahren in den USA anerkannt. Da sie der Erhaltung der Gesundheit die gleiche Bedeutung beimisst wie der Behandlung von Krankheiten, ist sie auch präventive Medizin. Durch Substitution körpereigener Substanzen kann zudem die Wirkung anderer Therapien verbessert werden.

In der Orthomolekularen Medizin eingesetzte Stoffe

Als oberstes Prinzip gilt, dass nur Substanzen eingesetzt werden, die physiologisch, d.h. natürlicherweise, im Körper vorhanden sind.
Darüber hinaus werden heute im weiteren Sinn auch bestimmte Nahrungsinhaltstoffe, die nicht in körpereigene biochemische Stoffwechselvorgänge eingebunden sind, die aber gesundheitsfördernde oder pharmakologische Wirkungen im Menschen entfalten, zur Orthomolekularen Medizin gerechnet. Hierzu zählen v.a. sekundäre Pflanzenstoffe, z.B. Phytoöstrogene, Flavonoide, Carotinoide, Pre- und Probiotika sowie bestimmte Ballaststoffe.

An dieser Stelle entstehen Überschneidungen mit der Phytotherapie, die sich daher nicht immer klar von der Orthomolekularen Medizin abgrenzen lässt. Ferner gehören therapeutisch relevante körpereigene Substanzen ohne Nährstoffcharakter zur Orthomolekularen Medizin. Dies sind z.B. Enzyme, Nukleinsäuren, Hyaluronsäure und Glukosamin (Burgstein, 2002).

Ursachen des Nährstoffmangels

Grundlage der Orthomolekularen Medizin bildet eine möglichst gesunde, ausgewogene Ernährung. Dieses Ziel ist jedoch realistischerweise aufgrund vielfältiger Einflüsse, wie z.B. Nährstoffdefizite der Ackerböden, lange Transport- und Lagerzeiten von Lebensmitteln sowie bestimmte lebensmitteltechnologische Verfahren, vielfach nicht umsetzbar oder kann zumeist bei einem Großteil der Berufstätigen und älteren Menschen, die auf Gemeinschaftsverpflegung angewiesen sind, im Alltag kaum erreicht werden. Einseitige Ernährung führt zu einer unzureichenden Zufuhr einzelner Nährstoffe:

  • Alkohol kann einen Mangel an wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen verursachen.
  • Koffein in Kaffee, Tee und Cola-Getränken erhöht die Ausscheidung wichtiger Mineralstoffe.
  • Nikotin verbraucht Vitamin C sowie Zink, das zur Entgiftung des im Tabakrauch enthaltenen giftigen Kadmiums benötigt wird.
  • Während Wachstumsphasen, Schwangerschaft und Stillzeit ist der Bedarf an Nährstoffen erhöht.
  • Auch bei starker physischer und psychischer Belastung werden mehr Nährstoffe benötigt.
  • Um Umwelteinflüsse und eine Belastung mit Schwermetallen zu kompensieren, braucht der Körper mehr Nährstoffe. So kann z.B. Selen Quecksilber oder Blei binden und damit inaktivieren.
  • Die längerfristige Einnahme von Medikamenten, z.B. von Schmerzmitteln, Säureblockern, Antibiotika und Glukokortikoiden (wie z.B. Kortison), kann einen Nährstoffmangel verursachen.

 

Der oft nicht adäquaten Nährstoffzufuhr steht somit bei vielen Menschen ein stark erhöhter Nährstoffbedarf gegenüber, der ungedeckt bleibt.

Um Mangelsituationen und daraus resultierende Gesundheitsschäden zu vermeiden, müssen regelmäßig Vitalstoffe in adäquater Menge aufgenommen werden. Da Ernährungsmaßnahmen alleine den Bedarf an Vitalstoffen zur dauerhaften Aufrechterhaltung der Grundregulation heute nicht mehr vollständig decken können (Heine, 1997), versucht die Orthomolekulare Medizin dieses Ungleichgewicht durch die gezielte Zufuhr von Nährstoffen auszugleichen. Sie kann eine gesunde Ernährung und Lebensführung allerdings nicht vollkommen ersetzen.

Offizielle Empfehlungen der DGE zum Nährstoffbedarf

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat das Ziel, ernährungswissenschaftliche Forschungsergebnisse zu sammeln, auszuwerten und in Form von Ernährungsrichtlinien für die Bevölkerung praktisch nutzbar zu machen. Seit 1956 werden von ihr in tabellarischer Form Empfehlungen für die wünschenswerte Nährstoffzufuhr herausgegeben. Diese von einem wissenschaftlichem Gremium der DGE ermittelten Nährstoffangaben haben amtlichen Charakter und werden als offizielle Richtwerte anerkannt.
Beim praktischen Umgang mit ihnen sollte man sich stets bewusst sein, dass die Forschungen auf dem Gebiet der Ernährungsphysiologie längst nicht abgeschlossen sind und die angegebenen Aufnahmemengen keine absoluten, endgültig feststehenden Zahlen, sondern Schätzwerte darstellen, die immer wieder neuen Erkenntnissen angepasst werden müssen .
Oft bleibt unbeachtet, dass es sich bei den Nährstoffangaben der DGE um Werte handelt, die lediglich für gesunde Personen in Mitteleuropa gelten. Ein durch chronischen Arzneimittelgebrauch, erhöhten Genussmittelkonsum oder durch Krankheiten und Stoffwechselstörungen veränderter Vitalstoffbedarf kann in den Angaben nicht berücksichtigt werden. Schließlich sind die Werte der DGE im allgemeinen darauf ausgerichtet, klinische Mangelerscheinungen und nicht bereits leichte Funktionsstörungen des Körpers, die sich erst nach Jahren negativ auf die Gesundheit im klinischen Bild auswirken, zu verhüten.
Insgesamt ergibt sich hieraus die Schlussfolgerung, dass viele dieser Werte für große Teile der Bevölkerung zu niedrig sind.

Folgen des Nährstoffmangels

„Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein“, empfahl Hippokrates schon vor mehr als 2000 Jahren.

Dieser vielzitierte Ausspruch gewinnt in den letzten Jahren an Aktualität: Nach Schätzungen sind in der westlichen Industrienationen 60-80 % aller behandlungsbedürftigen Erkrankungen auf Ernährungsfehler zurückzuführen (WHO-Ernährungsbericht, 2003). Viele Zivilisations- und Stoffwechselkrankheiten, wie z.B. Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Gicht, Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden durch Über- und Fehlernährung und ungesunde Lebensführung mitverursacht. Die Statistiken zeigen zwar eine laufend steigende Lebenserwartung, doch wächst die Zahl der zivilisatorisch bedingten Krankheiten in zunehmendem Maße. Insbesondere chronisch degenerative Erkrankungen nehmen in der medizinischen Praxis einen breiten Raum ein.

Orthomolekulare Medizin in unserer Zahnarztpraxis

In unserer Zahnarztpraxis ist die Orthomolekulare Medizin insbesondere im Hinblick auf die Parodontitis von Bedeutung. Die Parodontitis ist vor allem ein Abwehrproblem. Um das Immunsystem zu stabilisieren, benötigt der Organismus lebenswichtige Inhaltsstoffe, die er immer seltener in ausreichender Menge aus der Ernährung erhält. (Grazer Parodontitis Studie von Dr. H.P. Olbertz).

Die Orthomolekulare Medizin setzt genau da an, wo die gesunde Ernährung heute nicht mehr ausreicht, die Fähigkeiten unseres Körpers, sich gegen Infektionen zu wehren, aufrecht zu erhalten. Ziel unseres Konzeptes zur ganzheitlichen Zahnmedizin ist es daher, mit der Orthomolekularen Medizin das Immunsystem da zu stärken, wo die regelmäßige Keimreduzierung in der Mundhöhle (sog. Biofilm-Management) nicht mehr zum Erhalt der Stabilität ausreicht.

Unser Konzept zur biologischen Aufwertung der Ernährung mit der Orthomolekularen Medizin kann Mikronährstoffverluste durch Umweltgifte, durch belastete Nahrung und die zu geringe biologische Wertigkeit der Nahrung bei gleichzeitig heute stark gesteigertem Bedarf an Vitalstoffen ausgleichen.

Insofern leistet die Zufuhr von Vitalstoffen in Kombination mit lebensfähigen Symbionten zur Darmsanierung (der Darm ist das größte Abwehrorgan in unserem Körper) im Sinne einer integrativen Zahnmedizin einen überaus wirksamen Beitrag zur Sanierung des chronisch gestörten Parodontiums. Aber: In unserer Zahnarztpraxis bleibt das orthomolekulare Konzept nicht allein, sondern es wird komplementär eingesetzt. Lokaltherapeutische Maßnahmen in Kombination mit der Orthomolekulare Medizin sind gemeinsam die Basis für die reparative Parodontitis-Therapie, in weiterer Fortsetzung auch die Grundlage für regenerative Therapieformen, d.h. Grundlage für konventionell-medizinisches Vorgehen.