Periimplantitis


Knochenabbau um das Implantat

Wenn Zähne fehlen, kann dem Patienten in der Regel durch den Einsatz von Implantaten, die dann gewissermaßen als künstliche Zahnwurzeln fungieren, geholfen werden. Beobachtet der Zahnarzt bei den laufenden Kontrollen einen Knochenabbau um das unter Funktion befindliche Implantat, spricht man von einer Periimplantitis.

Da der Knochen einem ständigen Auf- und Abbau unterliegt, muss der Knochen über all die Jahre ständig an diesem Fremdkörper „arbeiten“. Hierbei stellt sich die Frage, ob der Knochen nicht langfristig mit dieser Tätigkeit überlastet wird, vor allem wenn mehrere Implantate gesetzt wurden oder wenn der Organismus durch weitere Implantate, z.B. Hüftprothesen oder künstliche Kniegelenke, belastet wird.

In letzter Zeit wird der Implantologe zunehmend mit dem Phänomen der Periimplantitis konfrontiert. Dabei handelt es sich um einen Knochenabbau um das unter Funktion befindliche Implantat, welcher – vom Patienten unbemerkt – bei röntgenologischen Verlaufskontrollen und klinischen Untersuchungen festgestellt wird. Bemerkenswert ist, dass man diese Phänomene bei Implantaten feststellt, die schon mehrere Jahre im Knochen sind, die schon über viele Jahre eine prothetische Restauration tragen.

Zahnärztliche Implantate

Seit einigen Jahrzehnten werden zahnärztliche Implantate, sogenannte enossale Implantate, in der Zahnheilkunde mit großem Erfolg eingesetzt. Über die Zeit hat die Forschung im Bereich der Implantologie beachtliche Fortschritte gemacht: Heute ist die Implantologie innerhalb der Zahn-Mund- und Kieferheilkunde als fundierte Therapie anzusehen. Aber dennoch gilt der Grundsatz, dass kein "Fall" ist wie der andere: Deshalb kommt der umfassenden Analyse der Kiefer- bzw. Zahnsituation im Einzelfall die größte Bedeutung zu. Dadurch kann sichergestellt werden, dass  die durch die Implantattechnik entwickelten vielfältigen Lösungsmöglichkeiten patientenbezogen bestmöglich eingesetzt werden.

Bei den Zahnimplantaten handelt es sich um künstliche Zahnwurzeln, die starr  und unbeweglich im Kieferknochen verwachsen sind. Nach einer gewissen Einheilzeit, in der Regel drei bis sechs Monate, können im zweiten Abschnitt der Behandlung dann auf diesen künstlichen Wurzeln neue Zähne befestigt werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Zahnimplantation ist ein ausreichendes und gesundes Knochenangebot. Wenn es daran mangelt, muss der Kieferknochen um das Implantat herum zunächst aufgebaut werden. Heute stehen uns verschiedenen Möglichkeiten dazu zur Verfügung. Maßgeblich ist immer das, was für den jeweiligen Patienten sinnvoll und machbar ist.

Ursachen für Periimplantitis

Während man bis vor wenigen Jahren grundsätzlich die Zahnkaries in erster Linie für den Zahnverlust verantwortlich machen konnte, hat sich die Situation heute dahingehend verändert, dass nach dem 45. Lebensjahr eine Parodontitis ganz eindeutig als die Hauptursache für Zahnverlust anzusehen ist. Als auslösende Hauptfaktoren dieser chronisch entzündlichen Erkrankung des Halteapparates der Zähne gelten bakterielle Infektionen. Diese werden verursacht durch die Anlagerungen bakterieller Beläge, sogenannter Biofilme, an den Zahnoberflächen.

Eben dieser Gefahr sind die Träger von Zahnimplantaten nicht minder ausgesetzt: es droht mit der Periimplantitis eine Entzündung der Schleimhaut und des Knochens in der unmittelbaren Implantatumgebung, die sogar noch lange nach der operativen Implantation zur Abstoßung des Implantates führen kann. Diese Erkrankung wird als Periimplantitis bezeichnet und ist in ihrem Verlauf ähnlich der an natürlichen Zähnen drohenden Parodontitis. Dennoch gibt es bedeutsame Unterschiede zwischen der Parodontitis eines Zahnes und der Periimplantitis an der künstlichen Zahnwurzel aus Titan oder Keramik. Bei einer Periimplantitis zeigt sich ein eher dramatischer Krankheitsverlauf der darin begründet ist, dass jedes Implantat hinsichtlich der Immunabwehr schlechter gestellt ist als ein natürlicher Zahn: Es fehlt die Abwehrkraft der Gewebe des Zahnhalteapparates deren hochspezialisierte Fähigkeiten sich über Jahrmillionen entwickeln konnten.

Häufigkeit von Periimplantitis

Sicherlich ist darin auch der entscheidende Grund zu sehen, dass eine Periimplanitis gar nicht so selten ist. Wir gehen heute bei realistischer Betrachtung aller uns zur Verfügung stehender Daten international davon aus, dass etwa bei einem Drittel aller Implantate im Laufe der Zeit derartige Entzündungen auftreten, mit der unweigerlichen Konsequenz, dass Knochenverlust und sogar der Verlust des Implantates selbst auftreten können. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob es bestimmte Implantattypen oder Implantatmaterialien gibt, die weniger zur Ausbildung von Entzündungen neigen. Die Antwort auf diese Frage ist relativ eindeutig zu geben: tatsächlich  kann an jedem Implantattyp eine Infektion beginnen und eine Periimplantitis ihren unheilvollen Verlauf nehmen. Mit absoluter Sicherheit können wir eines festhalten: die Periimplantitis ist wie die Parodontitis im Anfangsstadium erfolgreicher zu behandeln als im Endstadium, so dass der Früherkennung eine wesentliche Bedeutung zukommt. Die regelmäßige zahnärztliche Kontrolle eines Implantates ist zwingend erforderlich, darüber hinaus  muss jeder Betroffene selbst in der Lage sein, die ersten Frühzeichen einer drohenden Periimplantitis bei sich selbst zu erkennen.

Verlauf und Vorläufer von Periimplantitis

Entsprechend dem zeitlichen Ablauf der Erkrankung ist zunächst die Mundschleimhautentzündung unmittelbar angrenzend an das Implantat auffällig. Diese oberflächliche Entzündung äußert sich durch Rötung, leichte Schwellung, durch Sekretfluss und Blutung bei Berührung. Diese Vorstufe der Periimplantitis wird allgemein als Mukositis bezeichnet und ist auch ein klarer Hinweis auf die ungenügende Mundhygiene des Betroffenen. Zunächst ist der Kieferknochen in der Tiefe von der Erkrankung allerdings nicht befallen. Das Implantat steht noch fest und gut stabilisiert. Bei andauernder Mukositis und weiter fortschreitender Entzündung kommt es dann aber unweigerlich zum Verlust der knöchernen Verankerung und damit zum röntgenologisch nachweisbaren Knochenverlust: dem gefürchteten Bild einer beginnenden Periimplantitis. Jetzt verändert sich das Bild dramatisch: der Knochenabbau beginnt. Die Blutungsneigung verstärkt sich deutlich, Eiteraustritt aus der Knochentasche am Implantat wird beobachtet und es treten zunehmend Schmerzzustände auf, die in Form tiefer, dumpfer Knochenschmerzen als typisch für die Periimplantitis angesehen werden. Bei der Therapie der Periimplantitis wird versucht, durch konsequente Beseitigung des bakteriellen Biofilmes auf der Implantatoberfläche eine Stabilisierung des Kieferknochens und eine Verringerung der Taschentiefe am Implantat zu erreichen. Oftmals ist es sogar erforderlich, die implantatgetragene prothetische Versorgung zumindest vorübergehend abzunehmen.

Faktoren, die zu Periimplantitis führen

Neben mangelnder Mundhygiene gibt es weitere Faktoren, die eine Periimplantitis verursachen und ihren Verlauf fördern können. Dazu zählen unter anderem: das Rauchen, Allgemeinerkrankungen, wie z.B. Diabetes oder Osteoporose, Medikamente, z.B. Kortison, dann auch hormonelle Veränderungen im Körper und nicht zu unterschätzen lang anhaltender Stress, der eine Schwächung der körpereigenen Abwehrkräfte bewirkt. Umso wichtiger ist gerade in diesen belasteten Fällen die konsequente Beseitigung aller bakteriellen Beläge, denn es gilt in jedem Fall: Eine Anhäufung bakterieller Beläge erhöht das Risiko für die letztlich immer bakteriell ausgelöste Periimplantitis.

Deshalb muss auf eine gute Mundhygiene täglich besonders Wert gelegt werden. Zusätzlich sind aber weitere begleitende Maßnahmen zwingend erforderlich. Nur durch wiederkehrende ergänzende Maßnahmen der professionellen Implantatreinigung kann die Zahl krankmachender Keime auf der Implantatoberfläche und darüber hinaus in der gesamten Mundhöhle auf Dauer so gering gehalten werden, dass das Risiko einer Periimplantitis wirkungsvoll verringert werden kann. Regelmäßige Kontrollen mit professioneller Implantatreinigung müssen, bezogen auf den Einzelfall, in drei- bis sechsmonatigen Abständen erfolgen.

Für eine frühzeitige Diagnostik der Periimplantitis sind eine regelmäßige Röntgenkontrolle und die Messung von Taschentiefen am Implantat keinesfalls ausreichend. In dem seit kurzem verfügbaren aMMP-8-Test steht uns inzwischen ein bestens geeigneter Biomarker zur Verfügung, der einen zeitnahen Einblick in den Knochenstoffwechsel am Implantat ermöglicht, schon bevor es zu röntgenologisch nachweisbarem Knochenverlust gekommen ist. Die häusliche Mundhygiene muss mit üblichen Prophylaxemitteln erfolgen. Die Anwendung von Interdentalbürste, Superfloss oder Einbüschelbürste zur Ergänzung der üblichen Zahnbürste gilt als unverzichtbar.

Implantatverlust

Betrachtet man klinische Langzeituntersuchungen zahnärztlicher Implantate, so kann die manifeste Periimplantitis den Langzeiterfolg des Implantats gefährden und sogar zum Implantatverlust führen. Deshalb ist eine erfolgreiche, dauerhafte Implantatversorgung nur dann möglich, wenn sich direkt an das Einsetzen der Implantate eine sorgfältige und ständige Nachsorge anschließt. Wenn außerhalb dieser im sogenannten Recall individuell festgelegten Nachsorgetermine die oben beschriebenen Veränderungen der Mundschleimhaut am Implantat auffällig werden oder Beschwerden auftreten, ist eine sofortige Kontrolluntersuchung erforderlich, um die Entstehung einer Periimplantitis auszuschließen.

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